ERFAHRUNGSBERICHTE UND INTERVIEWS

Wirtschaftswege – Unbefestigt, aber sicher

Text: Ulrike Reschke | Foto (Header): © Schneider Wegesanierung, Altusried

Als wichtige Verbindungen zwischen Höfen und Nutzflächen in Feld und Wald werden Wirtschaftswege saisonal stark strapaziert. Wir stellen ein Verfahren zur Sanierung unbefestigter Strecken vor und bieten Einblicke in Kategorien und Regeln.

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe August 2022
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Landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge, Traktoren oder Mähdrescher werden immer größer und schwerer. Unbefestigte Wirtschaftswege leiden unter dem immensen Gewicht und der Beanspruchung. Schlaglöcher, Spurrinnen oder überwachsene Mittelbereiche machen die Wege zu Buckelpisten, wenn sie nicht regelmäßig aufbereitet werden. „Wichtig ist, am Ball zu bleiben und die Wege regelmäßig herzurichten“, sagt Leonhard Stork, Bürgermeister der bayerischen Gemeinde Thaining. Die Breite von 3 m der Wege in der Gemarkung der Kommune reiche für moderne Fahrzeuge aus. Ausgemarkt seien sie auf eine Breite von 4 m, sodass auch Ausweichmöglichkeiten bleiben.

In der Gemeinde Thaining werden die Feldwege etappenweise im drei- bis vierjährlichen Rhythmus ertüchtigt. Hier hat die Gemeinde diese Aufgabe übernommen, aber auch Jagdpächter und Jagdgenossenschaften können dafür verantwortlich sein. Jedes Jahr sind 30.000 Euro für die Sanierung von Feld- und Waldwegen im Haushalt eingestellt. Das Geld wird je nach Bedarf für die Komplettsanierung von Strecken, die Bankettpflege, das Zuschneiden von Lichtraumprofilen oder das Abhobeln der Wegränder verwendet. Neben unbefestigten, gekiesten Wegen liegen in der Gemarkung auch in das Radwegenetz des Landkreises Landsberg am Lech integrierte, asphaltierte Wege. Diese wurden vor einigen Jahren abgefräst und frisch überzogen, „weil die Oberflächen so kaputt waren“, sagt Leonhard Stork. Ein Teil davon wurde nach dem Bau der neuen Wasserleitung vor zwei Jahren komplett neu angelegt und frisch asphaltiert.

Seit 2018 hat die Gemeinde insgesamt 122.428 Euro für den Wegeunterhalt ausgegeben. „100 Meter kosten ungefähr 1.000 Euro“, sagt Stork über die Kosten für eine umfassende Sanierung nach einem speziellen Verfahren (siehe Seite 49). Die Aufträge gehen meist an die Firma Wegebau Schneider, die nach Angaben des Juniorchefs Matthias Schneider im süddeutschen Raum sowie im angrenzenden Österreich (Tirol, Vorarlberg) tätig ist. Bei kürzeren Strecken bis zu 200 m Länge beauftragt die Gemeinde Thaining in der Regel ein örtliches Bauunternehmen, das gebrochenen Wandkies aus dem ortsansässigen Kieswerk aufbringt und anschließend glatt walzt.

Vor dem ersten Arbeitsschritt der Profis aus dem Allgäu sind vorbereitende Arbeiten erforderlich, die man nach Absprache der Auftraggeber selbst übernehmen kann. Meist schält der jeweilige Bauhof die Randbereiche der Bankette und bewachsene Mittelstreifen mittels eines Baggers ab. „So können wir später den Wasserabfluss gewährleisten“, sagt Matthias Schneider.

Sanierung in drei Schritten

Arbeitsschritt 1: Fräsen und Brechen des neu gelieferten und des vorhandenen Wegebaumaterials im Wegekoffer bis zur Planierfähigkeit (in der Regel 3 Fräsdurchgänge).

Arbeitsschritt 2: Gradern. Das gefräste Material wird mit dem Anbaugrader profiliert (Dachprofil, Seitenprofil).

Arbeitsschritt 3: Verdichten. Mittels Plattenverdichter wird der profilierte Weg standfest verdichtet.

Für die Fräsarbeiten setzt Schneider eine selbst entwickelte, europaweit patentierte Steinfräse ein. „Das Innenleben des Geräts haben so nur wir auf dem Markt“, sagt Matthias Schneider. Diese Hochleistungsfräse bricht und mischt vorhandenes und neu eingebrachtes Wegebaumaterial zu einer homogenen Deck-/Verschleißschicht. Schneider betont: „Die Korngröße wird dabei nach Wunsch des Auftraggebers erstellt.“ Mit dem Material werden auch Schlaglöcher und Verdrückungen mit ausgefräst und wieder gefüllt. Im zweiten Arbeitsschritt wird, den örtlichen Gegebenheiten entsprechend, das Wegeprofil erstellt, z. B. ein Dachprofil mit beidseitiger Entwässerung oder ein einseitiges Quergefälle. Das Profil wird standfest mittels Plattenverdichter verdichtet.

Im Anschluss an die Schritte 1 bis 3 sollte, abhängig vom Feuchtigkeitsgehalt des Wegebaumaterials, der Weg mittels Wasserfass gewässert werden, rät Schneider. Die Anzahl der Durchgänge hänge vom Wassergehalt des Wegs ab. „Wir verdichten nach dem Wässern als erstem Zustandswechsel zwischen Nass und Trocken nochmals nach“, erläutert er. Nach zwei bis drei Zustandswechseln erreiche der Weg seine endgültige Festigkeit. Erst nach der erforderlichen Trockenphase sollte die Strecke wieder für den Verkehr freigegeben werden.

Gut zu wissen
Manche Bundesländer wie Bayern, NRW und BW bieten Förderprogramme an, z. B. im Rahmen der Dorferneuerung oder von „Leader“-Projekten.

Das sagt das Gesetz

Feld-, Wald-, Wiesen- und Moorwege sowie sonstige, ähnlich genutzte Wege gelten gemäß einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1975 als Wirtschaftswege, wenn sie keine überörtliche Bedeutung haben und überwiegend land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienen (BGH, Urteil vom 18.11.1975, Az: VI ZR 172/74).

Ob sie befahren werden dürfen, regelt zunächst das Bundeswaldgesetz, darüber hinaus greifen die Rechtsvorschriften der Bundesländer. In der Regel ist das Befahren mit Autos oder Motorrädern nicht erlaubt. Verkehrszeichen weisen auf Verbote hin. Das jeweilige Landeswaldgesetz legt fest, ob Waldwege mit Kfz (in der Regel nicht) oder Rädern (zu bestimmten Zeiten) befahren werden dürfen. Die Bayerische Verfassung und das BayWaldG (Bayerisches Waldgesetz) beispielsweise stufen jeden Wald als potenzielles Erholungsgebiet ein. Es gilt das freie Betretungsrecht zum Spazierengehen oder Joggen. Motorisierte Fahrzeuge sind nicht erlaubt, wohl aber das Reiten und Fahren „ohne Motorkraft“, Radfahren etwa. Weitergehende Bundes- oder Ländergesetze, wie das Naturschutzgesetz, beschränken dieses „Jedermanns-Grundrecht“ zusätzlich. In Hessen und Rheinland-Pfalz etwa schließt das Betretungsrecht Radfahren nicht mit ein.

Das sagt die StVO

Gemäß StVO gilt auf Wirtschaftswegen die Vorfahrtsregel „Rechts vor links“. Landwirtschaftliche Fahrzeuge haben nicht automatisch Vorfahrt, auch wenn mancher Fahrer der inzwischen fast monströs wirkenden Gefährte dies anders zu sehen scheint. Reicht die Fahrbahnbreite nicht aus, hilft im Begegnungs- oder Überholverkehr gegenseitige Rücksichtnahme, Blickkontakt und Ausweichen. Da das nicht immer funktioniert, werben Bauernverbände und Kommunen bei den Wegenutzern mit weiß aufgesprühten Piktogrammen für Aufmerksamkeit vonseiten der Radfahrer: „Rücksicht macht Wege breit“, ist an vielen Stellen auf dem Asphalt zu lesen.

An Einmündungen ins Straßenverkehrsnetz sind Wirtschaftswege untergeordnet. Hier steht in der Regel das Vorfahrt-gewähren-Zeichen.

Literatur (Auswahl)

RLW Teil 1. Richtlinien für den Ländlichen Wegebau – Teil 1: Richtlinien für die Anlage und Dimensionierung ländlicher Wege, dwa (Hrsg.)

ZTV LW 16. Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau Ländlicher Wege, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Gesteinskörnungen, Ungebundene Bauweisen (Hrsg.)

Grundsätze LW. Grundsätze für die Gestaltung Ländlicher Wege bei Baumaßnahmen an Bundesfernstraßen, BMVBS (Hrsg. bis 2013)

Richtlinie Ländlicher Wegebau (RLW)
Definition der Wirtschaftswege nach RLW (aktuelle Ausgabe 2016): „Verbindungswege verbinden einzelne land- und forstwirtschaftliche Betriebsstätten, Gehöfte und Weiler untereinander sowie mit benachbarten Orten oder schließen diese an das gemeindliche und überörtliche Verkehrsnetz an. Sie verbinden örtliche Wegesysteme und ermöglichen einen übergemeindlichen Verkehr. Sie nehmen sowohl allgemeinen ländlichen Verkehr als auch land- und forstwirtschaftlichen Verkehr auf. Verbindungswege sind ganzjährig auch mit hohen Achslasten befahrbar.“

Feldwege werden „nach Verkehrsbeanspruchung, Funktion im Wegenetz und Erschließungsleistung“ (RLW 2016) unterteilt in: Hauptwirtschaftswege, Wirtschaftswege und Grünwege.

Zu Waldwegen sagt RLW 2016 Folgendes: „Waldwege dienen der Walderschließung. Sie ermöglichen bzw. erleichtern u. a. den Transport von Holz und sonstigen Forstprodukten, von Personen und Betriebsmitteln, die Erholung der Bevölkerung und Lenkung des Erholungsverkehrs.“ Forstwirtschaftliche Wege/ Forststraßen werden unterschieden nach Hauptwegen, Zubringerwegen und Rückewegen.

Als sonstige ländliche Wege gelten Gehwege (frühere Ausgaben der RLW: Fußwege), Wanderwege, Reitwege, Radwege und Viehtriebe.

Quelle: Wikipedia

Die Autorin

Ulrike Reschke
Freie Journalistin
redaktionreschke.blog

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