ERFAHRUNGSBERICHTE UND INTERVIEWS

An einem Strang ziehen

Text: Dr.-Ing. Jakob Breer | Foto (Header): © INFA

Kostendruck und Instandsetzungsbedarf wirken sich auf kommunale Bauhöfe aus. Ein Ausweg: Die Zusammenlegung von Standorten zu einem zentralen Baubetriebshof (ZBH).

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe August 2019
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Auch kommunale Bauhöfe werden heutzutage zunehmend mit gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Ansprüchen konfrontiert. Um gewisse Prozesse zu vereinfachen, ziehen viele Bauhöfe mittlerweile eine Zusammenlegung von Standorten zu einem zentralen Baubetriebshof (ZBH) in Betracht. Dabei gibt es grundsätzlich drei Formen einer Zusammenlegung:

  1. Zusammenlegung von Standorten eines Betriebs auf einen ZBH
  2. Zusammenlegung von Standorten von zwei Betrieben auf einen ZBH (ohne organisatorische Fusion)
  3. Zusammenlegung von Standorten von zwei Betrieben (bzw. mehr) auf einen ZBH (mit organisatorischer Fusion)

Den ersten Fall findet man meistens bei historisch gewachsenen Stützpunktstrukturen im Bereich von Grünflächen- und Friedhofsämtern. Der zweite Fall ist häufig anzutreffen, wenn z. B. eine Kreisstraßenmeisterei und ein kommunaler Baubetriebshof gemeinsam einen Bauhof neu errichten oder ausbauen wollen und eine organisatorische Fusion zu kompliziert ist. Eine organisatorische Zusammenführung gibt es verstärkt bei Kommunen mit mehreren operativen Bereichen (also z. B. Grünflächenunterhaltung und Straßenunterhaltung).

Egal, wie groß die Stadt ist, es handelt sich immer um ein hochpolitisches Thema, insbesondere, wenn es um die Freigabe der Finanzmittel für die Baumaßnahmen geht. Daher ist es wichtig, mit neutraler Sicht die Vor- und Nachteile einer Zusammenlegung zusammenzutragen und miteinander abzuwägen.

 

Vorbereitungen beim Zusammenschluss

Im Vorfeld der Errichtung von Gemeinschaftsbaubetriebshöfen werden i. d. R. die zu erzielenden Synergien (und damit auch potenzielle Kostenreduzierungen) quantifiziert. Diese beziehen sich oftmals im Wesentlichen auf folgende Bereiche:

  • gemeinsame Nutzung der Gebäudeinfrastruktur, z. B. Kfz-Werkstatt, Handwerker-Werkstätten, Sozialräume und Sanitärbereiche, Lagerflächen (Hallen und Außenlager)
  • Einkaufskooperationen/Lagerwirtschaft
  • gemeinsame Nutzung eines Fahrzeug- und Geräteparks
  • Verwaltungsprozesse
  • operative Prozesse

Dabei werden Basisdaten wie Ist-Flächen, Mitarbeiteranzahl und -qualifikation sowie Fahrzeug- und Gerätepark zusammengestellt und operative und administrative Prozesse untereinander besprochen. Es geht beispielsweise um Aspekte wie IT-Nutzung, Tankstelle, Waschhalle/-platz, Salzmanagement und Lagerwirtschaft. Auch die derzeitige Mischung aus Eigen- und Fremdleistung muss vor dem Hintergrund einer Fusion auf den Prüfstand gestellt werden.

 

Die positiven Aspekte

Viele Infrastrukturen werden bei einer Detailbetrachtung doppelt vorgehalten. Durch eine Zusammenlegung von mehreren Standorten kann somit i. d. R. die Gesamtfläche der Bauhöfe durch Mitnutzung von z. B. Kfz-Werkstätten, Handwerker-Werkstätten oder Sanitär- und Sozialbereichen reduziert werden.

Auch die Lagerwirtschaft der Baubetriebshöfe profitiert von einem Zusammenschluss. So können Lagermengen und damit auch die Lagerflächen reduziert werden. Vorteile ergeben sich ebenfalls in der Beschaffung von Gebrauchsgütern (z. B. Schüttgüter, Salz etc.). Bei einem Neubau können bei den Unterhaltungskosten Abschläge im Bereich Energieverbrauch angesetzt werden. Des Weiteren bietet ein Neubau die Gelegenheit, neue Energiekonzepte (Holzhackschnitzelverbrennung, Photovoltaik, E-Tankstellen) in Erwägung zu ziehen.

Durch die Vergrößerung des Mitarbeiterpools lassen sich bestehende Qualifikationen (z. B. Ausbildungsberufe oder Führerscheinklassen) besser nutzen. Überstunden oder Fremdvergaben können durch eine gegenseitige Aushilfe bei Personalengpässen oftmals reduziert werden. Insgesamt führt die Vergrößerung des Mitarbeiterpools zu deutlich mehr Flexibilität und Effizienz in der Leistungserbringung.

Konkrete Beispiele für mehr Effektivität und Effizienz bei den Prozessen sind z. B.:

  • ehemals manuelle Prozesse können jetzt durch Spezialgeräte durchgeführt werden (z. B. Balkenmäher oder Minibagger)
  • Prozesse können gebündelt und dadurch Rüstzeiten eingespart werden (z. B. Wallheckenschnitt mit anschließender Häckselung)
  • Spezialgeräte werden nicht mehr von einem Händler als Leihgerät abgeholt, sondern stehen vor Ort bereit (z. B. Hubsteiger oder Großhäcksler)

Bei einer organisatorischen Fusion lassen sich in den administrativen und operativen Bereichen klassische Einsparpotenziale durch Prozessoptimierung generieren. Das führt mittel- und langfristig zur Reduzierung von Stellen. Voraussetzung ist ein Personalentwicklungskonzept, mit dem dieser Prozess begleitet und abgesichert wird, um Wissensverlust zu vermeiden.

 

Die negativen Aspekte

Zu einer seriösen Machbarkeitsstudie gehört natürlich auch eine Betrachtung von möglichen Nachteilen. An erster Stelle sind hier mögliche Fahrtzeitverluste zu berücksichtigen. Bei einer Zentralisierung sind die Wege von dezentralen Revierkolonnen anschließend häufig länger. Sind in der Stadt allerdings Stadtautobahnen oder gut ausgebaute Bundesstraßen, kann ein scheinbar ungünstig gelegener ZBH durchaus sogar zu verkürzten Fahrtzeiten führen.

 

Organisatorische Fusionen

Bestimmte Formen der Zusammenarbeit lassen sich nur im Rahmen einer organisatorischen Fusion erreichen. So wird der Austausch von Dienstleistungen unter Kommunalunternehmen durch die anstehende Umsetzung der EU-Regelung zur Mehrwertsteuer so nicht mehr möglich sein.

Sobald vormals eigenständige Organisationen verschmelzen, wird auch der direkte Zugriff z. B. durch die beiden Bürgermeister oder politische Gremien erschwert. Dazu kommen die Konsequenzen aus einer Betriebsformänderung (z. B. von Regieoder Eigenbetrieben zu AöR/Zweckverband/GmbH). Hier müssen u. a. Satzungen erstellt, Verträge geändert und Wirtschaftspläne neu aufgestellt werden. Dazu kommt der Betriebsübergang für die Mitarbeiter mit ggf. erforderlichen Anpassungen bei unterschiedlichen Tarifverträgen (Wochenarbeitszeit, Altersvorsorge, Zulagen, Entgeltgruppen, Zusatzsozialleistungen). Hier bietet sich die professionelle Unterstützung bei der Umsetzung der Machbarkeitsstudie bis zur Fusion an.

Neben juristischem Beistand sollte insbesondere auch an ein Changemanagement gedacht werden. Die Ideen und Wünsche der Mitarbeiter an einen Neubau können gehört und über die Pläne laufend berichtet werden. Gerade bei organisatorischen Fusionen ist ein Changemanagement sehr zielführend, da es i. d. R. zu Veränderungen in der Aufbauorganisation kommt. Hier müssen Führungskräfte mit neuen Verantwortungsbereichen vertraut gemacht oder unterschiedliche Philosophien der Führung miteinander in Einklang gebracht werden.

Auch die Zusammenarbeit von Mitarbeitern aus dem gärtnerischen Bereich und der Straßenreinigung oder Abfallabfuhr muss oft erst langsam gelernt werden. Insbesondere wenn erwartet wird, dass ein zukünftiger Bauhofarbeiter (wenn es sein muss) alle Tätigkeiten durchführen soll. Dann muss der Straßenwärter ggf. auch mal statt des Radladers den Friedhofsbagger bedienen. Ebenso wie bei Münster den Neubauplänen sollten auch beim Changemanagement die Mitarbeiter frühzeitig eingebunden werden. Dabei hilft es immer, wenn das Changemanagement von neutralen Dritten durchgeführt wird und nicht vom eigenen Organisationsamt.

Egal ob Neubau, Umbau oder Anbau – erforderlich ist ein Raumkonzept, um die begrenzt zur Verfügung stehende Fläche sinnvoll auszunutzen. Sinnvoll ist es häufig auch, einen Wertstoffhof mit auf dem ZBH zu verorten, wie das unten dargestellte Beispiel zeigt.

 

Fazit

Wird das Projekt Neubau ZBH, intrakommunale Fusion oder interkommunaler Baubetriebshof gut geplant (Projektmanagement) und die Kosten-Nutzenanalyse transparent und umfassend gestaltet, so können nach der Umsetzung viele Synergiepotenziale sukzessive erreicht werden. Daher sollte der Neustart in neuen Räumen direkt auch mit einer neuen Aufbau- und Ablauforganisation beginnen. Dies bedeutet zwar im Vorfeld mehr Aufwand parallel zu den Umzugsvorbereitungen, allerdings wird es nie wieder ein besseres Umfeld für derartige Veränderungen geben!

Der Autor

Dr.-Ing. Jakob Breer
INFA – Institut für Abfall, Abwasser und Infrastruktur-Management GmbH

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