HAFTUNG UND RECHT

Wenn der Bauhof beschafft

Text: Hans Schaller | Foto (Header): © rh2010 – stock.adobe.com

Jeder Bauhof muss sich regelmäßig damit auseinandersetzen: Wenn neue Maschinen benötigt werden, ist es wichtig, das Vergaberecht zu kennen. Im ersten Teil zum Thema geht es um die Vorbereitung.

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe April 2023
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Die öffentliche Hand verwaltet Steuergelder. Beschaffungen, die einen großen Teil des Budgets einer Kommune binden, müssen die Vorschriften des Haushalts- und Vergaberechts erfüllen.

Der erste Beitrag zu dieser für die Praxis bedeutsamen Thematik beschäftigt sich mit den wichtigsten Regeln für die Vorbereitung und Einleitung von Beschaffungsmaßnahmen. Er wird in späteren Ausgaben fortgesetzt mit speziellen Schwerpunkten, angefangen von den „Eignungskriterien“ bis zur Frage des Alleinstellungsmerkmals eines Unternehmens und der Produktbezogenheit einer Ausschreibung.

 

Die rechtlichen Vorgaben

Die Befugnis, zulasten der öffentlichen Hand zu beschaffen, richtet sich nach dem in der Bundesrepublik relativ einheitlichen Haushalts-, Tariftreue- und Vergaberecht. Bei sog. unterschwelligen (nationalen) Vergaben gelten das Haushaltsrecht, die von den Ländern (außer Bayern) erlassenen Tariftreue- und Vergabegesetze und die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften, die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) sowie die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) und für Bauleistungen (VOB/A, Teil I). Ab einem bestimmten Schätzwert („Schwellenwert)“ sind Vergaben europaweit zu veröffentlichen. 2023 liegt dieser für allgemeine Beschaffungen bei 215.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) für den „Jahresbedarf“; wenn länger, gemessen an der Vertragslaufzeit gleichartiger Güter oder Dienstleistungen. Das Verfahren richtet sich dann nach den Vorschriften des vierten Abschnitts des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), nach der Vergabeverordnung (VgV) und für Bauvergaben nach Teil II der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A); jetzt wird von „Oberschwellenvergaben“ gesprochen.

 

Finanzierung muss gesichert sein

Beschaffungen dürfen nur dann eingeleitet werden, wenn die Finanzierung gesichert ist und das zuständige Organ (z. B. Abteilungsleiter, Bürgermeister, Gemeinderat) zustimmt. Bereits das Anfordern eines Angebots muss von der zuständigen Stelle genehmigt werden und die Finanzierung muss gesichert sein. Lediglich unverbindliche Markterkundungen müssen diese Voraussetzungen nicht erfüllen.

Finanzierung durch Fördermittel

Wird eine Beschaffung mittels Fördermittel (Zuwendungen) finanziert, ist sicherzustellen, dass ein Zuwendungsbescheid vorliegt, also eine Genehmigung zum Maßnahmebeginn. Liegt diese Genehmigung nicht vor, werden in aller Regel für die gesamte Maßnahme keine Fördermittel mehr gewährt. Das Zuwendungsrecht spricht vom Verbot des vorzeiten Maßnahme beginnt. Inhaltlich muss sich die Beschaffung an die bewilligten Gegenstände halten. Bei Abweichungen muss die Förderbehörde zustimmen, bevor das Vergabeverfahren beginnt.

 

Sehr wichtig: Das Vorverfahren

Bei allen (Beschaffungs-)Maßnahmen ist die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln anzustreben und zu dokumentieren (Grundsatz der Wirtschaftlichkeit). Dabei ist zu prüfen, welche weiteren Auswirkungen die Beschaffung hat, z. B. auf Natur und Umwelt. Gelder dürfen nicht ausgegeben werden, wenn das angestrebte Ergebnis mit einem geringeren Mitteleinsatz erreicht werden kann. Alternative Lösungsmöglichkeiten sind aufzuzeigen.

 

Wirtschaftlichkeit berechnen, Leistung beschreiben

Beschaffungen dürften nur aufgrund sorgfältiger Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchgeführt werden. Hierzu ist es erforderlich, ebenso wie für eine fundierte Leistungsbeschreibung, den Markt genau zu kennen. Öffentliche Auftraggeber müssen sich daher im Vorfeld einer Beschaffung einen Überblick über Erzeugnisse, Bezugsquellen, (Markt-)Preise, Standards und Alternativen verschaffen, also Markterkundung bzw. Marktabfrage betreiben, soweit ihnen die notwendigen Marktkenntnisse fehlen.

Dazu kann sich der öffentliche Auftraggeber von den Marktteilnehmern sämtliche Informationen beschaffen, die notwendig sind für eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung, als realistische Kalkulationsgrundlage für die Bieter. Marktkenntnisse bzw. Markterkundung sind auch notwendig, um bei Beschränkten Ausschreibungen, Freihändigen Vergaben oder Verhandlungsvergaben potenzielle Bewerber zu finden bzw. auf die Ausschreibung aufmerksam zu machen.

Markterkundung bzw. vorhandene Marktkenntnisse und das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sind in einem Vermerk festzuhalten.

Eine Markterkundung ist nur bei einer ernsthaften Beschaffungsabsicht erlaubt, also zur Einleitung eines Vergabeverfahrens. Alles andere ist vergaberechtswidrig und kann dazu führen, dass der Auftraggeber wegen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung schadenspflichtig ist.

 

Die Form

Das Vergaberecht ist förmlich und kennt Bewerbungsbedingungen, wie eine Frist, zu der ein Angebot abzugeben ist, Vorschriften für die Auswahl der Unternehmer, Eignungs- und Auswahlkriterien, Regeln für die Wertung der Angebote und zwingende Vertragsbedingungen. Diese finden sich in der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen bzw. für Bauleistungen, jeweils Teil B (VOL/B und VOB/B).

Für alle Beschaffungen gilt, dass Auftraggeber den Bedarf in Form einer Leistungsbeschreibung und eines Leistungsverzeichnisses festlegen, nur verbindliche Angebote gewertet werden und Verhandlungen über den Preis als Zuschlagskriterium unzulässig sind.

 

Öffentliche und nicht öffentliche Verfahren

Das Vergaberecht unterscheidet zwischen öffentlichen und nicht öffentlichen Verfahren. Bei nicht öffentlichen Verfahren wendet sich der Auftraggeber direkt an die Unternehmer.

Vergaben müssen transparent sein. Bei öffentlichen Verfahren gibt der Auftraggeber seine Vergabeabsicht bzw. die Aufforderung öffentlich bekannt und fordert Unternehmen auf, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Jedes Unternehmen kann die Vergabeunterlagen anfordern, ein Angebot abgeben und dadurch am Wettbewerb teilnehmen. In diesem Stadium des Verfahrens hat die ausschreibende Stelle keinen Einfluss auf die Angebote, die eingereicht werden.

Nicht öffentliche Verfahren – Beschränkte Ausschreibungen, Freihändige Vergaben oder Verhandlungsvergaben, jeweils ohne Teilnahmewettbewerb – schränken den Wettbewerb ein und sind an genau definierte Ausnahmen gebunden. Wird ein nicht öffentliches Verfahren wegen Auftragswertgrenzen gewählt, gilt: Nicht die konkrete Vergabe, sondern das, was für ein Jahr planmäßig anfällt, ist für die Abweichung von einer öffentlichen Vergabe maßgebend.

Bei nicht öffentlichen Verfahren liegt die Auswahl der Unternehmer, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, im pflichtgemäßen Ermessen der Vergabestelle. Ein Auswahlkriterium ist die Eignung, z. B. Umsatz oder Referenzen. Zudem dürfen keine gesetzlichen Ausschlussgründe vorliegen, etwa gewerberechtlich relevante Vorstrafen oder Steuerschulden. Eignungsanforderungen werden in der Praxis mit dem Vordruck 124 (Bau) bzw. 124 LD (Liefer- und Dienstleistungen) des Vergabehandbuchs Bund bzw. vergleichbaren Vordrucken der Länder abgefragt.

Die Auswahl der zur Angebotsabgabe aufzufordernden Unternehmen muss transparent und diskriminierungsfrei sein. Um Manipulationsvorwürfe zu vermeiden, sollten die Auswahlkriterien verwaltungsintern einheitlich und nachvollziehbar nach dem Vier-Augen-Prinzip festgelegt werden. Negativ für die Auswahl wirken sich frühere mangelhafte Ausführungen aus.

Der Autor

Hans Schaller Lehrbeauftragter für Vergaberecht an den Hochschulen in Osnabrück und Güstrow. Langjähriger Prüfer im staatlichen und kommunalen Bereich mit öffentlichen Auftragsvergaben.

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