ARBEITSSICHERHEIT

Warnschutzkleidung

Text: Matthias Wenten | Foto (Header): © Aintschie – stock.adobe.com

Gut erkennbar und sicher soll sie sein, die Persönliche Schutzausrüstung (PSA). Seit Pandemiebeginn muss sie auch bequemer und funktionaler sein – sagen die Träger. Aber das ist noch nicht alles.

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe Oktober 2021
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In ihrer auffälligen Warnschutzkleidung sind sie kaum zu übersehen. Aber was die Beschäftigten von kommunalen Bauhöfen und Dienstleistungsbetrieben alles machen und wie wichtig sie für das Gemeinwesen sind, das weiß längst nicht jeder. Für die vielfältigen Tätigkeiten sind sie bei Wind und Wetter, von frühmorgens bis manchmal tief in die Nacht hinein im Einsatz. Ihre Warnschutzkleidung müssen die Beschäftigten von Bauhöfen und von kommunalen Dienstleistungsbetrieben dabei immer tragen. Dasselbe gilt beispielsweise auch für die Beschäftigten in der Abfallwirtschaft, im Transportwesen oder im Straßenbau.

Besonders jetzt, wenn die Tage kürzer werden und es lange dunkel ist, zeigt sich, warum Warnschutzkleidung so wichtig ist. Sie sorgt dafür, dass die Trägerinnen und Träger gut erkennbar sind und von den Fahrerinnen und Fahrern der vorbeifahrenden Autos früh genug gesehen werden.

Der Sicherheitsaspekt ist im Warnschutz, wie bei jeder anderen PSA auch, natürlich das A und O. Einschlägig ist hier die Norm EN ISO 20471 (siehe Infokasten). „Zu dieser Grundvoraussetzung kommen aber viele weitere Anforderungen hinzu“, sagt Heike Altenhofen. Sie ist Produktmanagerin PSA beim Kölner Hersteller BP – Bierbaum-Proenen und hat sich für die Entwicklung einer neuen Kollektion intensiv mit dem Thema Warnschutz beschäftigt. Unter anderem hat sie viele Trägerinnen und Träger interviewt und nach ihren Bedürfnissen und Wünschen hinsichtlich ihrer Schutzkleidung befragt.

Norm für den Warnschutz

Die einschlägige Norm für den Warnschutz ist die international gültige EN ISO 20471. Sie geht immer von einem
hohen Risiko für die Beschäftigten aus. Die Norm definiert, neben vielen anderen Anforderungen, drei Warnschutzklassen, die ein unterschiedliches Maß an Auffälligkeit bieten. Je höher die Warnschutzklasse ist, desto größer ist die Mindestfläche an fluoreszierendem Hintergrundmaterial und an retroreflektierendem Material, die die PSA aufweisen muss. So muss beispielsweise in der höchsten Klasse 3 mindestens 0,8 Quadratmeter Hintergrundmaterial in der entsprechenden Leuchtfarbe sowie 0,2 Quadratmeter Reflexmaterial verwendet werden.

Der „bequeme“ Einfluss von Corona

Ein kaum zu überschätzender Faktor ist der Tragekomfort. Dieser Trend ist nicht neu, hat durch die Pandemie aber einen neuen Schub erhalten. „Durch die Corona-Pandemie und die viele Zeit zu Hause haben sich die Trägerinnen und Träger daran gewöhnt, im privaten Bereich sehr bequeme Kleidung zu tragen. Dieser Trend greift auch auf das berufliche Umfeld über“, erklärt Heike Altenhofen. Die Folge: Aspekte wie Tragekomfort und Funktionalität sind auch bei Schutzkleidung noch wichtiger geworden als vor der Pandemie.

Das stellt die Hersteller vor Herausforderungen: Die Schutzkleidung muss – anders als Workwear, die keinen Normen unterliegt – einerseits den Ansprüchen der Norm genügen.

Zugleich muss sie aber so leicht und komfortabel sein, dass Mitarbeitende sie den ganzen Tag lang problemlos tragen können und sich dauerhaft in ihrer Kleidung wohlfühlen. Die Frage ist: Wie schafft man es, Schutzfunktion und Leichtigkeit zu verbinden? „Zum Beispiel durch Gewebemischungen mit Stretchanteil, die vergleichsweise leicht sind und dennoch sehr haltbar und widerstandsfähig“, erklärt Heike Altenhofen. Ein großer Beitrag zur gefühlten Leichtigkeit kann auch durch aufgepatchte segmentierte Reflexstreifen erreicht werden. Die Kleidung verliert dadurch deutlich an Gewicht, Bewegungsfreiheit und Komfort nehmen zu. Und auch die Ergonomie der PSA spielt eine Rolle. „Wenn sich die Kleidung den Bewegungen der Trägerinnen und Träger anpasst und die Menschen nicht gegen Widerstände arbeiten müssen, empfinden sie die PSA automatisch als viel leichter“, weiß die Expertin.

 

Stolz auf den Wert für die Gesellschaft

Ein Punkt, an den man im Zusammenhang mit Warnschutzkleidung nicht unbedingt denkt, der aber ebenfalls wichtig ist, ist das Design. Auch hier sind die Ansprüche der Trägerinnen und Träger gewachsen. „Das hat auch viel mit dem Stolz auf die wichtige Arbeit zu tun. Die Menschen möchten Schutzkleidung, die gut aussieht und die ihre Professionalität unterstreicht.“ Arbeitgeber können durch die Auswahl der Kleidung also auch viel dazu beitragen, dass sich die Beschäftigten wertgeschätzt fühlen.

Der gesellschaftliche Megatrend der vergangenen Jahre ist das Thema Nachhaltigkeit. Auch und gerade bei öffentlichen Ausschreibungen, wie sie auf kommunalen Bauhöfen die Regel sind, ist die sozial und ökologisch verträgliche Herstellung von Schutzkleidung mittlerweile ein Schlüsselkriterium. Hersteller wie BP setzen bei ihren Kollektionen, nicht nur im Warnschutz, daher zunehmend fair gehandelte Baumwolle ein und lassen die Produktion ihrer Kleidung durch unabhängige Initiativen überwachen und auditieren. „Beim Thema Nachhaltigkeit ist Transparenz entscheidend. Die Kunden möchten beispielsweise wissen, unter welchen Bedingungen die Kollektionen hergestellt wurden“, sagt Heike Altenhofen. BP arbeitet daher mit der unabhängigen Multi-Stakeholder-Initiative Fairwear Foundation zusammen und wurde von der Organisation für sein Engagement in Sachen Nachhaltigkeit bereits achtmal in Folge mit dem Status „Fair Wear Leader“ ausgezeichnet.

Schutzkleidung wird im öffentlichen Sektor häufig im Leasing bezogen (siehe Schaubild). Bei diesem Modell kümmert sich ein Textilservice unter anderem um die Wäsche und Wiederaufbereitung und sorgt dafür, dass die Beschäftigten immer mit frischer Kleidung versorgt sind. In diesem Kreislaufsystem wird die Warnschutzkleidung regelmäßig industriell gewaschen. Das stellt hohe Anforderungen an die Haltbarkeit, da die Kleidung bei der Industriewäsche großen mechanischen und chemischen Belastungen standhalten muss und dabei auf keinen Fall ihre Schutzfunktion verlieren darf. Diese Industriewäsche-Tauglichkeit ist daher für Arbeitgeber ein weiteres Schlüsselkriterium bei der Auswahl von Warnschutzkleidung.

In diesem Zusammenhang entscheidend ist ein weiteres Kriterium: die Lieferfähigkeit der Hersteller. Wie wichtig diese ist, hat zuletzt die Corona-Pandemie gezeigt, als Lieferketten unterbrochen wurden und manche Tätigkeiten wegen fehlender Schutzkleidung nicht durchgeführt werden konnten. „Die Lieferfähigkeit ist im kommunalen Bereich sehr bedeutsam. Denn was würde passieren, wenn beispielsweise Straßenreparaturen nicht durchgeführt werden können, weil die Ausrüstung fehlt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht arbeiten dürfen?“, fragt Heike Altenhofen.

Es gibt also einige Aspekte zu bedenken bei der Auswahl von Warnschutz. Und auch für die Hersteller gilt: „Wir müssen sehr viele Faktoren bedenken und aufeinander abstimmen, bevor eine Kollektion allen Ansprüchen gerecht wird und auf den Markt kommen kann“, fasst die BP-Expertin zusammen. „Das ist manchmal sehr komplex und zeitintensiv – aber schließlich geht es um den Schutz von Leben.“

Checkliste: Auswahlkriterien für Warnschutzkleidung

Wer für die Auswahl von Warnschutzkleidung verantwortlich ist, sollte einige Kriterien berücksichtigen:

Sicherheit:
Warnschutz nach EN ISO 20471 ist Grundvoraussetzung.

Tragekomfort:
Leichtigkeit und Tragekomfort werden von den Trägern eingefordert und tragen dazu bei, dass die Schutzkleidung auch getragen wird und ihren Zweck erfüllt.

Funktionalität:
Funktionale Lösungen wie segmentierte Reflexstreifen, neue Taschenlösungen oder intelligente Details wie Belüftungsöffnungen an den Knien sind im Arbeitsalltag eine große Erleichterung für die Träger.

Waschbarkeit:
Die Industriewäschetauglichkeit ist für das Leasing der Kleidung wichtig und spielt gerade in Zeiten der Corona-Pandemie eine entscheidende Rolle.

Qualität:
Schutzkleidung wird täglich getragen, strapaziert und häufig gewaschen: Hohe Qualität ist Voraussetzung für lange Haltbarkeit und wirtschaftlicher als der schnelle Griff zur günstigen Lösung.

Modernes Design:
Ein attraktives Erscheinungsbild stärkt das Selbstbewusstsein der Beschäftigten und ist ein Zeichen der Anerkennung.

Nachhaltigkeit:
Eine sozial und ökologisch nachhaltige Produktionsweise wird immer stärker eingefordert und ist bei Ausschreibungen mittlerweile häufig ein ausschlaggebendes Kriterium.

Der Autor

Matthias Wenten
ist Kommunikationsberater und Fachjournalist für Arbeitsschutz bei der Agentur document1.

www.document1.de

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