HAFTUNG UND RECHT

Streumittelschäden richtig behandeln

Text: Heiner Löchteken | Foto (Header): © arboristNRW

Der Einsatz von Streumitteln verursacht häufig Salzschäden an Straßenbäumen. Was müssen Baumkontrolleure in den Wintermonaten beachten?

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe Dezember 2020
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Dürreprobleme versus Salzschäden

Gegenüber den Jahren 2018 und 2019 scheint sich der Niederschlag in diesem Jahr wieder zu normalisieren. Jedenfalls ist dies die allgemeine Wahrnehmung, wenn die Sommerferien Coronabedingt im Garten und nicht in fernen südlichen Ländern verbracht worden sind. Eine objektive Auswertung ist auf den Seiten des UFZ (Helmholtz Zentrum für Umweltforschung) einzusehen1. Diese Einschätzung zeigt, dass das Niederschlagsdefizit 2020 nicht ausgeglichen werden konnte und es fehlen an einigen Standorten in Deutschland mehrere hundert Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Für den Baumkontrolleur oder den kommunalen Baumpfleger ist hierbei von Interesse, ob er JETZT etwas beachten muss, damit sich die Situation in seinem Baumbestand nicht zuspitzt. Im Heft 12/2019 sind wichtige Zusammenhänge der Wasserversorgung von Bäumen und Konsequenzen der aktuellen Dürre thematisiert worden2. Nach geeignetem Bewässerungsmanagement in den Sommermonaten soll dieser Artikel daran anknüpfen und die besonderen Herausforderungen der Wintermonate betrachten. Denn dass Trockenheitsschäden und Salzschäden etwas miteinander zu tun haben, werden gute Beobachter bereits vermuten. In der Baumkontrolle jedenfalls sehen die Schäden gleich aus3.

Streusalz-Thematik

In den Wintermonaten wird Natriumchlorid (etwa 90%ig NaCl) als Auftausalz eingesetzt, um die Verkehrswege von Eis und Schnee zu befreien. Neben der auftauenden Wirkung sind Nebeneffekte bekannt, die mittelbar und unmittelbar auf die Lebensprozesse der Bäume einwirken. Dass Streusalz grundsätzlich Probleme verursachen kann, ist bereits seit Jahrzehnten bekannt und der differenzierte Winterdienst berücksichtigt – soweit dieser ernsthaft umgesetzt wird – zumindest den jeweiligen, tatsächlichen Bedarf. Bessere Wettervorhersagen und gute Dosiertechniken vermindern die ausgebrachte Salzmenge am Beispiel Berlin von 40 g/m² in den 1960er-Jahren auf 10 bis 20 g/m² um 20104. Diese, gerne als zukunftsweisende Verbesserung dargestellte Minderung, dürfte man mit der heutigen Technik als selbstverständlich voraussetzen. Aus Sicht der Baumerhaltung ist die heutige Menge aber noch immer viel zu hoch. Außerdem wirkt sie sich nachhaltig auf den Bestand und damit auf die Kosten in der Baumbilanz aus.

 

Wirkung von Salz auf die Vegetation

Um den Schaden eindeutig der Trockenheit am Standort oder einem klassischen Salzschaden zuordnen zu können, ist ein Grundverständnis der Wirkungsweise von Salz am Bodenstandort und in der Pflanze notwendig. Die in der Sole gelösten Natrium (+)- und Chlorid (-)-Ionen verhalten sich im Boden sehr unterschiedlich. So wird ein Großteil der Chlorid-Ionen durch Regenwasser leicht in tiefere Schichten verlagert, da diese kaum von den Bodenteilchen gehalten werden können. Die Natrium-Ionen werden aufgrund der positiven Ladung durch Adsorption an Bodenpartikel angeheftet und können sogar aus tieferen Bodenschichten mit aufsteigender Bodenfeuchtigkeit wieder den oberen Wurzelbereich anreichern. Hierbei werden andere, positiv geladene Ionen verdrängt, die damit nicht mehr gebunden sind und auswaschen. Dazu gehören wichtige Nährstoffe, wie Kalium, Calcium und Magnesium. Diese veränderte Chemie hat, soweit ein geringer Salzeintrag jährlich wiederkehrend stattfindet, grundlegenden Einfluss auf die physikalische Bodenstruktur und der Boden verdichtet sich, verschlämmt und verarmt3.

Der oben beschriebene Boden dürfte jedem Baumkontrolleur bekannt sein. Er wird (zu) schnell ausschließlich der mechanischen Belastung durch Betreten der Baumscheibe zugeschrieben. Überraschend wird zuweilen festgestellt, dass einmalige Lockerungen kaum Wirkung zeigen und die Abwertung des Bodens fortschreitet. Der pH-Wert steigt an, wichtige Nährstoffe sind für die Vegetation nicht mehr verfügbar und diese Eigenschaften setzen dem Baum stark zu.

 

Wasserhaushalt

Der Konzentrationsausgleich des Wassers ist ein wichtiges Naturgesetz, das einer Pflanze die Wasseraufnahme und den Wassertransport ermöglicht. Dabei diffundiert das Wasser mit einem niedrigeren Salzgehalt durch eine Membran zur Zelle mit einem höheren Salzgehalt, bis die Lösungen an beiden Seiten der Membran etwa ausgeglichen sind. Dieser, in der Pflanzenwissenschaft als „Osmose“ bezeichnete Vorgang kann deutlich gegen die Schwerkraft und gegen den Zelldruck arbeiten5. Bäume sind damit imstande, das Wasser im Frühjahr bis in die Baumspitze zu pumpen.

Neben der grundsätzlich verschlechterten Wasserhaltefähigkeit des oben beschriebenen Standorts erhöht sich aber die Salzkonzentration im Boden weiter, und der osmotische Druck fällt im ungünstigsten Fall weg. Zumindest wird die Wasseraufnahme erschwert. Dieses Phänomen ist nicht nur im Winter vorhanden. Die Elemente werden im Boden nicht abgebaut und der Salzgehalt steigt stetig, wenn im Winter kleine Mengen hinzugegeben werden.

 

Wirkung in der Pflanze

Mit ihrer Wasseraufnahme haben nur wenige Baumarten die Fähigkeit, bestimmten Ionen den Zugang zu den Leiterbahnen effektiv zu erschweren oder gar zu unterbinden. Einmal aufgenommene Natrium- und Chlorid-Ionen sind innerhalb der Pflanze sehr mobil und gelangen mit dem Wasserfluss schnell in die Baumkronen und in die Blätter. Im Zellwasser der Vakuole nimmt der Gehalt von Natrium zulasten der für den Zelldruck wichtigen Kalium-Ionen zu. Weitere kaliumbeteiligte Stoffwechselvorgänge geraten ins Stocken und das vergleichsweise einfache Auswaschen des Kaliums verstärkt die Problematik. Bereits an dieser Stelle zeigt sich das Problem, denn die Wasseraufnahme wird dadurch zusätzlich erschwert und gehemmte Lebensprozesse vermindern die Vitalität des Baumes. Durch die dadurch fallende Verdunstungsleistung der Blätter gerät die Wasserversorgung in eine Abwärtsspirale. Der „osmotische Stress“ verursacht eine Welke und zum Teil einen frühzeitigen Blattverlust im Sommer.

 

Diagnose

Der Baumprüfer erkennt an dieser Stelle die gleichen Anzeichen wie bei einer Dürreerscheinung. Daher ist es im Rahmen einer Differentialdiagnose notwendig, Wechselwirkungen und die toxische Wirkung zu verstehen und zu erkennen. So gehört Chlorid (+) zu den Spurenelementen oder Mikronährelementen, die für die Pflanzen in geringen Mengen unentbehrlich sind.5 Dadurch, dass dieses Element an natürlichen Baumstandorten nur in geringer Menge vorkommt, fehlt ein Regulierungsmechanismus und die Pflanze nimmt Chlorid weit über den Bedarf hinaus auf. Diese ungeregelte Aufnahme hindert etwa den Abtransport von Assimilaten oder führt zu Chlorophyllschäden. Eine Überversorgung mit Natrium- und Chlorid-Ionen hat unmittelbar einen Mangel an anderen Nährstoffen zur Folge6. Wenn in den Sommermonaten eine Welke-Erscheinung festgestellt wird, muss der Spezialist diese weiteren Anzeichen ebenfalls deuten. So können deformierte, fleckige und/oder vergilbte Blätter als Mangelerscheinung ein mögliches Indiz für Salzschäden sein. Kommen Blattrand-Chlorosen und -Nekrosen dazu, verfestigt sich das Bild. Es kann daraufhin zu Absterbe-Erscheinungen von ganzen Kronenteilen führen7. Hier ist ein Schaden durch Streusalz wahrscheinlich, der mit letzter Sicherheit im Labor untersucht werden kann.

 

Vervollständigung des Bewässerungskonzepts

Mit dem Verständnis der Wirkweise von Streusalz wird das Gewicht der dauerhaften Streusalzverwendung deutlich. Wenn das toxische Maß nicht erreicht worden ist, wiegt man sich in Sicherheit und beobachtet lediglich große Dürreprobleme. An Standorten, die in der Beobachtung von Welkeerscheinungen regelmäßig negativ auffallen, muss das Bewässerungskonzept um einen Baustein erweitert werden. Handelt es sich etwa um einen Straßen-Standort, oder um einen Standort, an dem Streusalzverwendung erwartet wird, dann ist dies zu prüfen. Vor Ort ist ein für die jeweilige Bodenart leicht erhöhter pH-Wert ein wichtiger Hinweis. Weitere Hinweise und Erkennungsmerkmale lassen sich digital oder mit einer schriftlichen, standortdifferenzierten Dokumentation über eine geeignete Beobachtungszeit analysieren. Hilfreich sind Musterbögen in der Art wie in der Abbildung vom Arbeitskreis Baum im Boden8.

 

Laboranalyse

Belastbar ist der Salzeintrag im Labor feststellbar. Hierzu können sowohl grüne Pflanzenproben als auch Bodenproben dienen, die nach den aufgeführten Elementen untersucht werden. Oben genannte Erkenntnisse erleichtern die Analyse, denn das Labor muss nicht zwingend nach beiden Elementen suchen. In einer Bodenprobe sollte der Natriumgehalt festgestellt werden, wogegen in einer Probe mit grünem Pflanzengewebe eher Chlorid nachgewiesen werden kann. Im Bast reichert sich Natriumchlorid wieder als Salz an.

An unbelasteten Standorten sind etwa 10–20 mg/kg Natrium im Boden, und bei Werten unter 40 mg/kg Natrium keine Schäden zu erwarten9. Als Schadschwelle geht die Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz GALK e. V. von etwa 100 mg/kg aus. Bei der Untersuchung von grünen Pflanzenteilen liegt die kritische Chlorid-Konzentration von besonders empfindlichen Bäumen, wie Rosskastanie, Ahorn und Linde, bei etwa 10 mg/g Trockengewicht. Unempfindlichere Baumarten, wie Eiche, Platane und Robinie, können etwas mehr aushalten10.

 

Erste Hilfe

Die Schäden verstärken sich stetig durch permanente, geringe Streusalzzufuhr im Winter. Natrium wird im Boden angereichert, Chlorid wird weiter von der Pflanze aufgenommen und beide Elemente werden kaum natürlich abgebaut. Der Standort wird – über die Jahre – für Bäume unbrauchbar. Ein Lichtblick ist, dass der Salzschaden am Standort nicht irreparabel ist und dass sich ein mäßig geschädigter Baum noch erholen kann. Leider gibt es keine allgemeingültigen Lösungen, insbesondere, wenn es um den Umfang der nachfolgenden Hilfsmaßnahmen geht. Diese müssen vor Ort und in Abwägung der Bodenparameter, der Baumart und nicht zuletzt der Salzbelastung individuell ermittelt werden.

Wenn der problematische Baumstandort festgestellt worden ist, können sofort folgende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden11: In den Wintermonaten sollte der Bauhof in dem Bereich auf alternative Streumaterialien umstellen. Damit wird der ständige Neueintrag von Salz gemindert oder im besten Fall eingestellt. Ist dies nach besonderer Prüfung nicht möglich, dann sollten spritzwasserabweisende Schilde oder Schürzen angebracht werden. Das sofortige Abdecken der Baumscheiben mit Holzschnitzel bindet das durch Spritzwasser eingetragene Salz eine Zeitlang recht effektiv. Nach der Streusaison ist der salzbelastete Mulch wieder zu entfernen, da das NaCl in den Boden auswaschen würde. Zwischen den Bodenfrösten und dem Blattaustrieb Mitte April sollten die belasteten Flächen stark gewässert werden. Dies ist auf den Baumstandort abzustellen und kann z. B. mittels Bewässerungssäcken erfolgen. An Stauwasserstandorten ist Vorsicht geboten, ansonsten dürfen es – je nach Bodenart – gut und gerne 300 l/m² sein12.

Auf diese Maßnahmen folgt im Frühjahr und Frühsommer beispielsweise eine an den Boden angepasste Düngerlösung. Diese muss physiologisch sauer wirken und dient in erster Linie zur Verbesserung der Bodenstruktur. Eine gut gemeinte Hilfsmaßnahme kann ins Gegenteil verkehrt werden, wenn die Düngung nicht an den Standort angepasst wird. Wegen der geringen Pufferwirkung einer geschädigten Bodenstruktur ist zu viel Dünger sofort verfügbar und kann toxisch wirken oder wäscht einfach nur aus.

Merke
Viel hilft nicht viel: Mit gezogenen Bodenproben können Landwirtschaftskammern oder Baumsachverständige eine geeignete Düngemenge vorschlagen.

Vorher ausgebrachte organische Substanzen in Form von Kompost, neuem Mulch oder Huminstoffen binden freie Ionen und senken den pH-Wert. Wegen der puffernden Wirkung von Humus ist eine Gefahr durch Überdüngung gering. Die Bodenstruktur kann sich durch diese einfache Maßnahme verbessern und Nährstoffdepots werden aufgefüllt.

Über die Sommermonate und v. a. bei anhaltender Trockenheit müssen diese Standorte engmaschig kontrolliert werden, um ggf. früher als an anderen Standorten mit der Bewässerung zu beginnen. Eine „prophylaktische“ Volldüngung sollte auf salzgeschädigten Böden in den Sommermonaten nicht vorgenommen werden, da bestehende Probleme eher verstärkt werden. Selbst eine eindeutige Kalium-Mangelerscheinung kann durch Kalium-Düngung nicht behoben werden, da der Boden K +- Ionen wegen der Natrium-Übersättigung nicht hält.

Wenn Bäume an besonders stark geschädigten Standorten ständig durch Kurztriebigkeit, Kleinlaubigkeit und schlechter Vitalität auffallen, kann ein anteiliger oder vollständiger Bodenaustausch erforderlich werden. Beispielhafte Standortsanierungen zeigten in der Vergangenheit, dass derartige Vorhaben nicht zwingend von Erfolg gekrönt sind.

 

Nachhaltige Lösung

Letztendlich führen die Soforthilfen ins Leere und müssen ständig wiederholt werden, wenn der Chlorid- und Natrium-Eintrag nicht entscheidend eingeschränkt wird. Der Streusalzeinsatz muss an einer unbedingten Notwendigkeit gemessen werden und darf keinem Gewohnheitsrecht unterliegen. An Autobahnen ist der Konflikt geringer, da hier kein relevanter Baumbestand vorhanden ist. An Bundesstraßen wird man gegebenenfalls tatsächlich argumentieren können, dass die hohen Kosten in der Baumbilanz und ständig anfallende Kosten der Standortverbesserung nötig sind, um den uneingeschränkten Verkehr auch unter winterlichen Verhältnissen zu gewährleisten. Wie weit die hohen Schäden der Vegetation innerhalb der Städte, in Fußgängerzonen und Siedlungen tatsächlich zu rechtfertigen sind, müsste individuell und mit den örtlichen Parametern berechnet werden. Hier darf die Kommune nicht den Fehler machen, die Streumittelausbringungskosten und Reinigungskosten sowie den reinen Winterdienst als Buchungsstelle zu kalkulieren. Aufwendungen der Baumstandortsanierungen und Hilfsmaßnahmen gehören ebenfalls dazu. Der wesentliche Faktor ist aber die Abschreibung des Baumes. Für die Fällung, Wurzelrodung und Neupflanzung samt Anwachspflege sind je nach Standort mit 750,- Euro bis 1.000,- Euro zu rechnen (ohne besondere Wurzelraumerweiterungen und Bodenaustausch)13. Wird ein Beispielbaum auf einem NaCl-verseuchten Standort nach 30 Jahren ersetzt, sind dies 25,- Euro/p.a. bis 33,- Euro/p.a., die in die Jahreskosten einer Baumbilanz einfließen müssen. Wenn alle anderen typischen Probleme im urbanen Raum akzeptiert würden, sollte dieser Baum auch an problematischen Straßenstandorten mindestens 100 Jahre alt werden können und es fällt lediglich eine Abschreibung von 7,50 Euro/p.a. bis 10,- Euro/p.a. an. Wenngleich die Zahlen nicht wissenschaftlich belegt sind, stiegen die indirekten Kosten des Streusalzeinsatzes dadurch in diesem Beispiel um rund 20,- Euro (je Baum und Jahr!).

Aus ökonomischer Sicht muss der örtliche Baumspezialist – oft ist es der Baumkontrolleur – hinzugezogen werden, wenn der differenzierte Winterdienst geplant wird. An Standorten mit Bordstein und einer gezielten Entwässerung begrenzt sich der wesentliche Eintrag auf das Spritzwasser. Dies kann durch oben genannte Maßnahmen wirkungsvoll und mit überschaubarem Aufwand realisiert werden. Die Hackschnitzel aus der Baumpflege und Baumfällungen im späten Herbst werden hier verteilt und erst im Frühjahr wieder entfernt. Einfache und wiederverwendbare PVC-Schürzen verhindern bereits mit geringer Höhe einen Großteil des Spritzwassereintrags. Wenn die Winterdienstgeräte den Schnee erst räumen und dann so eingestellt sind, dass der Straßenkörper nicht überworfen wird, darf eine Verbesserung des Standorts erwartet werden.

Schwieriger sind Standorte, in die ein größerer Teil des Niederschlagswassers versickert. Besonders kritisch sind Flächen mit großfugigem Pflaster oder bewusst wasserdurchlässigem Deckungsmaterial. Hier muss unbedingt und ernsthaft über alternative Streumittel im Winterdienst nachgedacht werden, denn dagegen stehen hohe Sanierungs- und Baumunterhaltungskosten, sowie eine erwartete, hohe jährliche Baumabschreibung.

Konzepte mit abgedichtetem Wurzelbereich und aufwendigen Bodenlüftungssystemen, die einen Streusalzeinsatz ermöglichen, stehen nur selten in vernünftiger Relation zu den Kosten.

Dem Baumkontrolleur müssen die Informationen aus dem Winterdienst, Streusalzmengen und ggf. die Analysen der Salzbelastung, mitgeteilt werden. Digitale Baumkataster vereinfachen derartige Angaben und in der Baumschau wird der Zusammenhang frühzeitig erahnt. Nur so wird es in der Baumkontrolle möglich, eine geeignete und zielführende Strategie zur Standortverbesserung als Handlungsbedarf zu empfehlen.

 

Bedarfsgerecht ausbringen

Der differenzierte Winterdienst bildet nur das ab, was eigentlich selbstverständlich sein sollte – nämlich eine bedarfsgerechte Ausbringung. Streusalz wird als ökonomisch unverzichtbar in gewaltigen Depots eingelagert und der Grad der Wintervorbereitung eines Bauhofs wird in „Tonnen Streusalz“ definiert. Niemand zweifelt daran, dass Streusalz große Schäden in der Umwelt verursacht und in der Vegetation nicht abgebaut werden kann, aber trotzdem werden in jedem Winter unvorstellbare Mengen in unserer Umwelt verteilt.

Mit kurzen Lebenserwartungen von Bäumen und dadurch hohen Abschreibungskosten bezahlen wir heute den Tribut einer jahrzehntelangen Umweltverschmutzung, die wir aber kaum vermindert fortsetzen. Dass dies mit gewaltigen Kosten verbunden ist, wird schlicht ignoriert, womit ein kostengünstiger und alter Baumbestand auch für die Zukunft verhindert wird.

Vielleicht lernen die Spezialisten der Grünflächen aber auch etwas mehr Selbstbewusstsein und nennen als Ursache für ein Baumfällen nicht einfach „abgestorben“. Wenn die Kosten der vorzeitigen Fällung und die daraufhin nötige Neupflanzung als vermeidbare Kosten des Winterdienstes zugeordnet werden, dann würde die Sache wahrscheinlich anders bewertet.

Ob Streusalz dann immer noch ökonomisch unverzichtbar ist, darf man bezweifeln.

 

Literaturverzeichnis
1 Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ, „Dürremonitor Deutschland,“ 19 10 2020. [Online]. Available: https://www.ufz.de/index.php?de=37937. [Zugriff am 22 10 2020].

2 H. Löchteken, „Konsequenzen langanhaltender Trockenheit für die Baumpflege,“ der bauhofLeiter, pp. 8-13, 12 2019.

3 M. Streckenbach und K. Schröder, „Auftausalze in Bäumen und Böden – Grundlagen und Konzepte zur Standortsanierung,“ Jahrbuch der Baumpflege, Nr. 18, pp. 86-100, 2014.

4 B. Jäckel, I. Feilhaber und B. Eitel-Bock, „Auswirkungen des differenzierten Winterdienstes auf Straßenbäume in Berlin,“ Jahrbuch der Baumpflege, Nr. 15, pp. 241-246, 2011.

5 J. W. Kadereit, C. Körner, B. Kost und U. Sonnewald, Strasburger | Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, Bd. 37, Berlin, Hedelberg: Springer-Verlag, 2014, p. 919.

6 A. Roloff, Bäume Lexikon der praktischen Baumbiologie, Weinheim: Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2010, p. 207.

7 A. Roloff, Handbuch Baumdiagnostik – Baum-Körpersprache und Baum-Beurteilung, 70599 Stuttgart: Eugen Ulmer KG, 2015, p. 206.

8 Arbeitskreis Baum im Boden, „Musterbögen zur Wurzelraumansprache,“ [Online]. Available: https://www.baumimboden.de/musterboegen_wurzelraumansprache.html. [Zugriff am 26 10 2020].

9 GALK e.V. – Arbeitskreis Stadtbäume, „Streusalz und Stadtbäume,“ [Online]. Available: https://www.galk.de/arbeitskreise/stadtbaeume/themenuebersicht/streusalz-und-stadtbaeume. [Zugriff am 24 10 2020].

10 H. Butin, Krankheiten der Wald- und Parkbäume, Bd. 4, Stuttgart: Eugen Ulmer KG, 2011, p. 318.

11 J. A. Benk, S. Artmann, J. Kutscheidt, M. Müller-Inkmann, M. Streckenbach und K. Weltecke, Praxishandbuch Wurzelraumansprache, Möhnesee: Arbeitskreis Baum im Boden, 2020, p. 204.

12 J. A. Benk, S. Artmann, J. Kutscheidt, M. Müller-Inkmann, M. Streckenbach und K. Weltecke, „3.12 Streusalz,“ in Praxishandbuch Wurzelraumansprache, Möhnesee, Arbeitskreis Baum im Boden, 2020, pp. 87-91.

13 Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern GmbH, BKI Objektdaten: Kosten abgerechneter Objekte und statistische Kostenkennwerte – F8 Freianlagen, B. Baukosteninformationszentrum, Hrsg., Stuttgart, 2018.

14 Arbeitskreis Baum im Boden, „Musterbogen zur Erfassung von Streusalzschäden,“ [Online]. Available: Musterbögen zur Wurzelraumansprache. [Zugriff am 26 10 2020].

Der Autor

Heiner Löchteken
ö.b.v. Sachverständiger für Baumpflege, Verkehrssicherheit von Bäumen und Baumwertermittlung www.arborist-NRW.de

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