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Spielplatzprüfer – Kein Kinderspiel

Text + Foto (Header): © Frieder Fischer

Den richtigen Spielplatzprüfer zu finden, ist nicht einfach. Wer überhaupt Prüfer werden darf und wie Sie den passenden auswählen, erfahren Sie in unserem Beitrag.

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe April 2019
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Wer einen Kinderspielplatz betreibt, trägt für diesen auch die Verkehrssicherungspflicht. Der Betreiber muss sich zivil- oder sogar strafrechtlich für Unfälle mit schweren Folgen verantworten, wenn er der Verkehrssicherungspflicht nicht nachkommt. Als Maßstab für die Verkehrssicherung können für Spielplätze die Festlegungen in DIN EN 1176-7 „Spielplatzgeräte und Spielplatzböden – Teil 7: Anleitung für Installation, Inspektion, Wartung und Betrieb“ [1] herangezogen werden. In dieser Norm wird das erforderliche Sicherheitsmanagement beschrieben. Eine herausragende Rolle kommt dabei der jährlichen Hauptinspektion zu. Diese soll normgemäß von einem Sachkundigen durchgeführt werden. Was sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt, wird im Folgenden erläutert.

 

Was ist ein Sachkundiger?

Eine einheitliche Definition für einen Sachkundigen gibt es nicht. Beim Erarbeiten einer Definition sind die im Duden aufgeführten Synonyme hilfreich. Dort finden sich u. a. die Begriffe Autorität, Experte, Kapazität, Fachmann und Fachkraft, Kenner und Könner, Profi, Spezialist, Koryphäe. [2] Damit wird bereits deutlich, dass es sich um eine Person handelt, die auf einem speziellen eingeschränkten Fach- oder Sachgebiet über vertiefte Kenntnisse verfügt.

Am häufigsten wurde in der Vergangenheit der Begriff „Sachkundiger“ in der Arbeitssicherheit gebraucht. Aber auch dort ist die Definition nicht einheitlich. Es finden sich folgende Kerninhalte:

  • fachliche Ausbildung
  • Berufserfahrung
  • Kenntnis der einschlägigen Vorschriften und Normen
  • kann den sicheren Zustand beurteilen

In Einzelfällen wird auch eine Prüfung und Ermächtigung verlangt. Mit Erscheinen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [3] wurde neu die „Befähigte Person“ zur Prüfung von Arbeitsmitteln eingeführt. Deshalb wird manchmal auch von „Befähigten Personen zur Spielplatzprüfung“ gesprochen. Das ist zwar im wörtlichen Sinne nicht falsch, aber juristisch nicht korrekt, denn Spielplätze fallen nicht unter die BetrSichV und sind keine Arbeitsmittel.

Für den Sachkundigen zur Durchführung der jährlichen Hauptinspektion nach DIN EN 1176-7 lassen sich folgende Merkmale definieren:

  • Sachkunde durch fachliche Ausbildung in Theorie und Praxis sowie regelmäßige Fortbildung und zeitnahe mehrjährige Berufserfahrung
  • Kenntnis der einschlägigen Vorschriften und Normen, hier insbesondere DIN 18034 und die Normenreihe DIN EN 1176 mit den verschiedenen Ausgabejahren
  • Materielle Ausstattung mit Vorschriften und Normen sowie Prüfkörpern, Mess- und Hilfsmitteln
  • Geeignete Organisationsform zur Qualitätssicherung, insbesondere zur Sicherstellung der Weisungsfreiheit
  • Charakterliche Eignung, z. B. Zuverlässigkeit, Gründlichkeit, Sorgfalt

Sachkundig sind Personen, die aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung und Erfahrung ausreichende Kenntnisse über Spielplätze und Spielplatzgeräte haben. Sie sind mit den einschlägigen Vorschriften, Verordnungen, Richtlinien und den anerkannten Regeln der Technik so vertraut, dass sie den allgemeinen betriebssicheren Zustand der zu prüfenden Spielplätze beurteilen können.

Qualifizierter Spielplatzprüfer nach DIN 79161-1 und -2

Auch diese Definition lässt sehr großen Interpretationsspielraum zu. Zudem hat die Praxis gezeigt, dass ein Teil der Spielplatzprüfer nicht über die nötigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt. Daher wurde vom Bundesverband der Spielplatzgeräte- und Freizeitanlagen-Hersteller e. V. (BSFH) eine neue Norm zur Qualifizierung von Spielplatzprüfern initiiert. Diese wurde inzwischen bereits mehrfach überarbeitet und liegt als Normenreihe DIN 79161 „Spielplatzprüfung – Qualifizierung von Spielplatzprüfern“ vor.

Kerngedanke dieser Norm ist es, die Sicherheit auf Spielplätzen zu verbessern, indem erstmals einheitliche Anforderungen an die Ausbildung und Prüfung der Spielplatzprüfer festgelegt wurden. Gleichzeitig soll den Betreiber von Spielplätzen die Möglichkeit gegeben werden, die richtige Auswahlentscheidung zu treffen.

Im Einzelnen enthält die Normenreihe Festlegungen zu

  • Teilnahmevoraussetzungen an der Ausbildung,
  • Anforderungen an die Ausbilder,
  • Anforderungen an Weiterbildungsmaßnahmen,
  • Lehr- und Lerninhalte sowie Zeitvorgaben für die theoretische und praktische Ausbildung,
  • das einheitliche Prüfungsverfahren und
  • die Zertifizierung.

Die Bezeichnung eines nach dieser Normenreihe ausgebildeten Sachkundigen, der die theoretische und praktische Prüfung erfolgreich absolviert hat, lautet: Qualifizierter Spielplatzprüfer nach DIN 79161-1 und -2.

 

Wie kann ein Mitarbeiter des Bauhofs zum Sachkundigen qualifiziert werden?

Für neu auszubildende Sachkundige sollte die Qualifikation als „Qualifizierter Spielplatzprüfer nach DIN 79161-1 und -2“ [4], [5] angestrebt werden. Denkbar sind auch andere Lehrgänge, die sich inhaltlich und zeitlich am favorisierten Modell orientieren.

Einzige Teilnahmevoraussetzung ist eine mindestens dreijährige Berufserfahrung, bezogen auf Spielplatzgeräte, z. B. Planung, Herstellung, Installation, operative Inspektion und Wartung. Personen, die lediglich nach einer Checkliste die visuelle Routineinspektion durchführen, erfüllen die Vorgaben nicht. Grundkenntnisse zur Normenreihe DIN EN 1176 und DIN 18034 „Spielplätze und Freiräume zum Spielen – Anforderungen für Planung, Bau und Betrieb“ [6] sollten vorhanden sein. Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine vorherige Absprache mit der Bildungseinrichtung.

Die Ausbildung selbst sollte in einem Ausbildungsinstitut durchgeführt werden, das mit der Zertifizierungsstelle kooperiert. Derzeit sind bei der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) insgesamt 16 Ausbildungseinrichtungen akkreditiert [7]. Es sind mindestens 21 Zeitstunden Theorie und 6,5 Stunden Praxis zu absolvieren. Binnen drei Jahren nach Abschluss der Ausbildung kann sich der Teilnehmer einer theoretischen und praktischen Prüfung unterziehen. Diese Prüfung darf nur von einem durch die Zertifizierungsstelle autorisierten Prüfer erfolgen. Bei positivem Prüfungsergebnis wird ein Zertifikat übergeben, anderenfalls darf die Prüfung einmal wiederholt werden.

Alle drei Jahre muss eine Pflichtfortbildung bei einer zugelassenen Ausbildungseinrichtung absolviert werden, um das Zertifikat zu verlängern. Eine erneute Prüfung muss nicht abgelegt werden.

Damit der Sachkundige seine Aufgaben wahrnehmen kann, muss er über die nötigen Vorschriften und Normen sowie Prüfkörper, Mess- und Hilfsmittel verfügen können. Außerdem muss ihm die nötige Zeit zur Verfügung stehen.

Zur Einbindung in die betriebliche Sicherheitsorganisation wird empfohlen, den Sachkundigen schriftlich zu bestellen und ihm in der Bestellung bestimmte Voraussetzungen zuzusichern. Am wichtigsten erscheint in diesem Zusammenhang die Weisungsfreiheit bei der Anwendung der Fachkunde. Das heißt, der Sachkundige darf wegen der Ergebnisse seiner Prüfungen nicht benachteiligt werden und es darf keinerlei Druck ausgeübt werden, um die Ergebnisse zu beeinflussen. (Muster zur innerbetrieblichen Bestellung zum Sachkundigen)

 

Darf ein externer Dienstleister als Sachkundiger beauftragt werden?

Grundsätzlich bleibt es dem Betreiber überlassen, wie er die Verkehrssicherungspflicht erfüllt. Somit ist es legitim, externes Personal zu verpflichten.

Aber auch in diesem Fall bleibt die Hauptverantwortung beim Betreiber: Er muss dafür sorgen, dass der ausgewählte Dienstleister tatsächlich in der Lage ist, die jährliche Hauptinspektion sachgerecht durchzuführen. Dazu sind vom Auftraggeber Vorgaben zu machen und der gesamte Prozess zu organisieren. Das Ganze wird als Auswahl- und Organisationsverantwortung  bezeichnet und ist Bauhofleitern sicher bereits aus der Arbeitssicherheit bekannt.

Leider erfüllen nicht alle Anbieter die gestellten Anforderungen an die Sachkunde und Mindestausstattung. Auch Schnäppchen-Angebote sollten kritisch hinterfragt werden.

Auf den ersten Blick scheint es für den Betreiber, der i. d. R. selbst nicht sachkundig ist, unmöglich zu sein, die fachliche Eignung eines Anbieters zu prüfen. In der Praxis bleiben ihm nur wenige Möglichkeiten offen: Obwohl nirgendwo verbindlich vorgeschrieben ist, dass Spielplatzprüfer über die Qualifikation als „Qualifizierte Spielplatzprüfer nach DIN 79161-1 und -2“ verfügen müssen, bietet diese Qualifikation doch Gewähr dafür, dass der Inhaber eines solchen Zertifikats

  • über eine mehrjährige Praxis verfügt,
  • eine umfangreiche Ausbildung absolviert hat,
  • eine Prüfung erfolgreich abgeschlossen hat und
  • regelmäßig fortgebildet wird.

Davon kann ebenfalls ausgegangen werden, wenn der Betreffende bei einer Industrie- und Handelskammer (IHK) als „Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ geführt wird.

Wer also zum Sachkundigen eine Person mit einer der beiden vorgenannten Eigenschaften bestellt, kann zumindest den Anscheinsbeweis für die erforderliche Sorgfalt bei der Auswahl erbringen und damit nachweisen, dass er alles getan hat, um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Qualifikationen oder Bezeichnungen, wie „Fachkraft für Arbeitssicherheit“, „Sicherheitsingenieur“, „Sachverständiger“ oder „Freier Sachverständiger“, die für sich allein nicht automatisch auf die Sachkunde schließen lassen. Auch die Zugehörigkeit zu einer Prüforganisation ist nicht automatisch ein Sachkundenachweis.

Bitte prüfen Sie in jedem Einzelfall genau, ob die geforderte Qualifikation ausreicht.

Was ist bei der Ausschreibung zu beachten?

Damit es später keinen Streit gibt, sollten möglichst alle für die zur Qualitätssicherung wichtigen Dinge in die Ausschreibung aufgenommen werden. Dazu gehören z. B.:

  • Qualifikation zur Prüfung von Spielplätzen und Spielplatzgeräten
    Der Anbieter versichert, dass alle zur jährlichen Hauptinspektion eingesetzten Personen „Qualifizierte Spielplatzprüfer nach DIN 79161-1 und -2“ (QSP) sind und zum Zeitpunkt der Leistungserbringung die Prüfung zu dieser Qualifikation oder der letzte Auffrischungskurs nach DIN 79161-1 nicht länger als 36 Monate zurückliegen.
  • Die Qualifikationsnachweise werden in Kopie eingereicht
    Natürlich können auch Personen, die nicht QSP sind, beauftragt werden. In diesem Fall muss der Auftraggeber prüfen, ob die erforderliche Sachkunde auf andere Weise nachgewiesen werden kann.
  • Qualifikation zur Prüfung anderer Geräte
    Der Anbieter versichert, dass er über die nötigen Vorschriften, Normen, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Hilfsmittel verfügt, um die auf den Spielplätzen vorhandenen anderen Geräte, Einrichtungen oder Parcours, wie z. B. Skateanlagen, Multisportgeräte, Slackline-Systeme, prüfen und beurteilen zu können.
  • Vorschriften und Normen
    Der Anbieter versichert, dass der/die zur Erbringung der Leistung eingesetzten QSP über die im Anhang 2 aufgeführten Vorschriften und Normen verfügt, sofern diese für die Prüfaufgabe erforderlich sind. Es sind nur diejenigen Vorschriften und Normen erforderlich, die zum Zeitpunkt der Installation galten. Normen für nicht vorhandene Geräte oder Spielangebote müssen nicht vorhanden sein.
  • Prüfkörper, Mess- und Hilfsmittel
    Der Anbieter versichert, dass er über die in Tabelle aufgeführten Prüfkörper, Mess- und Hilfsmittel verfügt, sofern diese für die Prüfaufgabe erforderlich sind. Falls für diese Technik staatliche oder berufsgenossenschaftliche Prüfungen vorgeschrieben sind, z. B. für Leitern nach BetrSichV, versichert der Anbieter, dass diese Prüfungen durchgeführt werden.Der Anbieter versichert, dass er bei Bedarf über besondere Technik und Kenntnisse verfügt, um die innere Verrottung von Holz zu überprüfen. Dazu eignen sich z. B. Bohrwiderstandsmessgeräte (Resistometer). Die verfügbaren Geräte werden mit Hersteller, Bezeichnung, Typ und Baujahr sowie letzter Kalibrierung (sofern erforderlich) benannt.Der Anbieter versichert, dass er bei Bedarf über weitere Prüfvorrichtungen und Messmittel verfügt, sofern diese von den Herstellern der Spielplatzgeräte für die jährliche Hauptinspektion vorgeschrieben wird, z. B. Einrichtungen für Zugversuche zur Beurteilung der Standsicherheit von Pfosten.
  • Anforderungen an die Dokumentation
    Der Anbieter fertigt für jeden einzelnen Spielplatz einen Prüfbericht gemäß Anhang A.3 zu DIN 79161-1 an. Die Berichte sind binnen 14 Tagen nach der Prüfung dem Auftraggeber sowohl als Printexemplar als auch in digitaler Form zu übergeben.

 

Zusammenfassung

Der Betreiber ist für die Sicherheit auf seinen Spielplätzen verantwortlich. Zur Unfallverhütung und Haftungsvermeidung muss er ein Sicherheitsmanagement entwickeln. Ein wichtiger Bestandteil davon ist die jährliche Hauptinspektion. Diese muss von Sachkundigen durchgeführt werden.

Die Sachkundigen müssen

  • über die nötige Qualifikation verfügen,
  • praktische Erfahrungen haben,
  • über die erforderlichen Vorschriften und Normen verfügen,
  • über die nötigen Hilfsmittel verfügen,
  • die für die Aufgabe wichtigen Charaktereigenschaften besitzen,
  • die nötige Zeit zur Verfügung haben und
  • unabhängig sein in der Anwendung der Sachkunde.

Sachkundige können dem Unternehmen angehören. In diesem Fall kommt v. a. der Weisungsfreiheit und der eingeräumten Zeit eine große Rolle zu.

Bei der Auswahl externer Sachkundiger sollte Qualifikation vor dem Preis gehen. Es wird empfohlen, bereits in der Ausschreibung darauf zu achten, dass Anbieter mit zweifelhafter Qualifikation nicht zum Zuge kommen.

Bei „Qualifizierten Spielplatzprüfern nach DIN 79161- 1 und -2“ darf die nötige Sachkunde vermutet werden.

 

Quellen

[1] DIN EN 1176-7 Spielplatzgeräte und Spielplatzböden – Teil 7: Anleitung für Installation, Inspektion, Wartung und Betrieb; Deutsche Fassung EN 1176-7:2008
[2] https://www.duden.de/rechtschreibung/Sachkundiger (Stand: 25.02.2018)
[3] Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV)
[4] DIN 79161-1:2018-05 Spielplatzprüfung – Qualifizierung von Spielplatzprüfern – Teil 1: Ausbildung und Schulung
[5] DIN 79161-2:2018-05 Spielplatzprüfung – Qualifizierung von Spielplatzprüfern – Teil 2: Prüfung und Qualifizierungsnachweis
[6] DIN 18034:2012-09 Spielplätze und Freiräume zum Spielen – Anforderungen für Planung, Bau und Betrieb
[7] https://www.fll.de/dienstleistungen-links/qualifizierterspielplatzpruefer.html (Stand: 25.02.2018)

Der Autor

Frieder Fischer
GAO Gesundheits- und Arbeitsschutz Onischka UG

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